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Der Tod des Verbrennungsmotors

Ein gewagter Blick in die Zukunft
Eraneos Blog Der Tod des Verbrennungsmotors Titelbild

Expert*innen sind sich mittlerweile einig: E-Autos sind die Zukunft im Individualverkehr. Wie schnell die Entwicklung gehen kann und welche Auswirkungen diese auf unsere Mobilität haben wird, ist vielen aber nicht allen bewusst. Ich möchte daher gemeinsam mit Ihnen einen gewagten Blick in die Zukunft werfen. 2016 wurden in der Schweiz etwas mehr als 3'000 reine E-Autos verkauft. Dies entsprach einem Marktanteil von einem Prozent – nahezu unverändert gegenüber 2015. 2020 wurden hingegen bereits fast 20'000 reine E-Autos verkauft. Damit betrug der Marktanteil auf Jahressicht 8 % (eine Verdopplung gegenüber 2019) und im Dezember 2020 sogar 16 %. Hersteller wie Volkswagen, Ford, GM und Volvo setzen bereits heute massiv auf Elektroautos und auch Öllieferanten wie Shell und BP haben erkannt, dass das Ende des Erdölzeitalters absehbar ist.


Wie wird die Zukunft aussehen? Auch wenn niemand die Zukunft voraussagen kann, wurden die Geschwindigkeit und die Auswirkungen von disruptiven Veränderungen in der Vergangenheit oftmals unterschätzt. So haben beispielsweise deutsche Umweltverbände Anfang der 1990er-Jahre von 5 % erneuerbarer Energie im deutschen Strommix geträumt. Vom Rest der Branche wurden sie dafür ausgelacht. Heute liegt der Anteil jedoch bei rund 50%.

In Norwegen fahren über 50% aller Neufahrzeuge rein elektrisch | Oslo, Norway ©Erik Odiin
In Norwegen fahren über 50% aller Neufahrzeuge rein elektrisch | Oslo, Norway ©Erik Odiin

Daher wage ich die sehr persönliche Behauptung, dass der Markt für Autos mit Verbrennungsmotor 2025 «tot» sein wird. Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir spätestens in vier Jahren den ersten Monat erleben werden, in dem über 50% aller Neufahrzeuge reine E-Autos sind. Ist dies utopisch? Vielleicht, aber in Norwegen und in den Niederlanden entspricht dies bereits der Realität.


Doch eigentlich ist es irrelevant, ob der Marktanteil von E-Autos in 2025 30%, 50% oder sogar mehr betragen wird. Viel wichtiger ist, dass spätestens dann allen Marktakteur*innen klar sein wird, dass Verbrenner vom Markt verschwinden werden. Dies betrifft übrigens nicht nur den PW-Markt, sondern auch Nutzfahrzeuge – vom Kastenwagen über Busse im öffentlichen Verkehr bis hin zu grossen Lastwagen. Allerdings ist bei den zuletzt genannten noch unklar, ob sich Batterien oder Wasserstoff als Energiespeicher durchsetzen werden.

Wie könnte die Welt 2025 konkret aussehen?

Alle (wesentlichen) Hersteller haben angekündigt, ab 2030 keine Verbrenner mehr zu verkaufen. Die Preise von entsprechenden Gebrauchtwagen sind am Zusammenbrechen. Das Tankstellensterben hat begonnen. Kleinere Garagen geben auf, da sie die neue Technologie nicht beherrschen bzw. die Investitionen zu hoch sind. Gegebenenfalls werden ein oder auch mehrere grosse Hersteller verschwunden oder von anderen Firmen übernommen worden sein. In Neubauten wird man standardmässig Ladestationen einbauen und auch Bestandsgebäude werden umgebaut, da Tiefgaragen ohne Lademöglichkeit nicht mehr verkauf- bzw. vermietbar sind.


Treiber dieser Entwicklung sind die sinkenden Preise für E-Autos, die übrigens besonders für Vielfahrer schon seit Jahren günstiger sind als vergleichbare Verbrenner. Weitere Faktoren sind die steigenden Reichweiten von bis zu 1'000 km sowie die wachsende Anzahl von immer leistungsfähigeren Ladestationen.

Was heisst das für die Energiebranche?
Dietikon, Schweiz ©Rico Reutimann
Dietikon, Schweiz ©Rico Reutimann

Energieverbrauch

Sogar bei einem Marktanteil von 50 % wird der Energieverbrauch 2025 noch nicht spürbar wachsen. Der Stromverbrauch wird selbst dann «nur» um rund 20 % ansteigen, wenn alle PW elektrisch fahren. Dies wird jedoch erst in den 30er-Jahren der Fall sein.

Spitzenlast

Anders sieht es bei der Spitzenlast aus. Diese wird 2025 sowohl lokal als auch in Neubaugebieten oder bei Gewerbeflächen mit grossen Flotten eine Herausforderung sein. Um diese Last abzufangen, sind intelligente Ladelösungen, lokale Pufferspeicher, Netzverstärkungen oder eine Kombination dieser Massnahmen nötig. Langfristig wird die geforderte Ladeleistung massiv wachsen. 4 Millionen Fahrzeuge mit je 11 kW Ladeleistung entsprechen 44 GW. Dies entspricht ungefähr der fünffachen aktuellen Spitzenlast in der Schweiz. Obwohl diese Fahrzeuge nie alle gleichzeitig geladen werden, sind intelligente Lösungen unerlässlich. Die gute Nachricht ist: Solche Lösungen gibt es bereits heute.

Second Life von Batterien

Dies ist ein sehr unsicherer, aber auch sehr spannender Bereich. Unklar ist, ob es wirtschaftlich sinnvoll wäre, ausgediente Batterien aus Autos umzubauen und diese beispielsweise als Speicher für Regelleistung zu nutzen. Das Potenzial wäre gewaltig. Allein die in 2020 verkauften knapp 20'000 E-Autos haben (bei je 60 kWh und 11 kW AC-Leistung) eine Kapazität/Leistung von 1.2 GWh/220 MW.

Nicht öffentliche Ladestationen

Hier bietet sich für Energieversorger die grösste Chance für neue Geschäftsmodelle. Ein Marktanteil von 50% entspricht ca. 150'000 Neufahrzeugen pro Jahr, die alle eine oder mehrere Ladestationen (privat, beim Arbeitgeber, öffentlich, auf Langstrecken) benötigen. Je nach konkreter Ausprägung ist dies ein Markt von mehreren hundert Millionen Franken jährlich, allein für Neuinstallationen. Hinzu kommen Wartung, Reparaturen, Ersatzinvestitionen und dazugehörige Stromlieferverträge (in einem bis dahin vermutlich liberalisierten Markt). Darüber hinaus ist eine gute Beratung der Kundinnen und Kunden insbesondere bei grösseren und komplexen Installationen wichtig, damit die Ladestationen optimal mit der Fotovoltaik-Anlage, der Wärmepumpe und dem Batteriespeicher zusammenarbeiten.

Die Welt wird 2025 mit grosser Wahrscheinlichkeit anders funktionieren als heute. Werden wir ein neues «Normal» erreicht haben? Mit Sicherheit nicht. Denn das automatisierte Fahren steht bereits vor der Tür. Die damit verbundenen Auswirkungen werden aber vermutlich noch um ein Vielfaches grösser sein als der Umstieg von Verbrenner- auf E-Fahrzeuge. Entsprechend werden sich mit diesem Schritt nicht nur die Geschäftsmodelle und Prozesse von Energieversorgern umfassend und nachhaltig verändern.
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