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Wie soll ich Daten nutzen?

Anwendungsfälle richtig definieren
Eraneos Banking Blog Wie soll ich Daten nutzen?

Der erste Schritt bei der Entscheidung, wie Daten verwendet werden sollen, besteht darin, einen geeigneten Anwendungsfall («Use Case») zu definieren. Viele Banken tendieren bei der Suche nach Use Cases reflexartig in Richtung der Kundenschnittstelle. Das ist naheliegend, da man sich ja auch gegenüber den Kunden mit modernen Lösungen als innovatives Institut positionieren möchte. Die idealen Anwendungsfälle finden sich jedoch oft auch in anderen Bereichen.  

In einem ersten Blog-Beitrag «Daten, das neue Gold. Wie gehe ich mit persönlichen Daten richtig um?» haben wir die Risiken und nötigen Vorsichtsmassnahmen rund um den Umgang mit Daten kommentiert. Insbesondere das Finden der Balance zwischen «Chancen nutzen» und «Risiken vermeiden» stellt eine grosse Anforderung an viele Unternehmen. In diesem Beitrag erläutern wir wie man einen Datenanwendungsfall richtig definiert.

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Was ist ein Use Case oder Anwendungsfall?

Ein Anwendungsfall beschreibt die Art und Weise, wie ein Benutzer mit einem System oder Produkt interagiert. Anwendungsfälle werden verwendet, um Anforderungen festzulegen, den Umfang eines Produktes oder einer Dienstleistung zu definieren und das Risiko zu begrenzen. Ein Anwendungsfall kann Erfolgs- oder Misserfolgsszenarien sowie alle kritischen Variationen oder Ausnahmen festlegen.

Die Schweizer Bankiervereinigung SBVg listet in in ihrem Leitfaden zum «Umgang mit Daten im Geschäftsalltag» verschiedene kundenorientierte Anwendungsfälle auf, bei denen sich auf Grund der analysierten Kundendaten spezielle juristische Fragestellungen ergeben: künstliche Intelligenz KI für Compliance (Know Your Customer KYC & Onboarding, Transaktionsüberwachung), Kreditprüfung, Trendanalyse und Benchmarking, biometrische Authentifizierung, personalisierte Angebote und Beratung sowie Loyalitätsprogramme.


Aber es lohnt sich, auch andere Prozesse mit Potential für Datenanalyse zu betrachten. In den meisten Banken existieren Prozesslandkarten wie hier dargestellt. Alternativ sind auch Referenzmodelle wie beispielsweise BIAN gute Orientierungshilfen.


Es hilft, einen offenen Blickwinkel beizubehalten. So identifiziert man die für das gesamte Unternehmen am besten geeigneten Anwendungen.  

Effektiver Anwendungsfall statt Falle
Effektiver Anwendungsfall statt Falle

Wann ist Vorsicht geboten?


Steht ein Unternehmen ganz am Anfang der Reise zur «Data-driven Company», sind aus unserer Erfahrung Anwendungsfälle mit Kundendaten weniger geeignet.  

 

Use Cases an der Kundenschnittstelle haben im Vergleich zu Fragestellungen ohne direkte Kundeninteraktion oftmals zusätzliche Komplexität:


  • Die Handhabe von Kundendaten bringt zusätzliche Risiken und dadurch auch nötige mindernde Massnahmen, wie auch in unserem ersten Artikel dieser Serie beschrieben.
  • Die Kundenzentriertheit ist immer mehr ein Thema in der Produktentwicklung. Deswegen testen Unternehmen immer öfter Prototypen von Produkten mit Endkunden. Viele Menschen sind jedoch sehr sensibel, was die Datenverarbeitung angeht. So stellt sich die Frage, ob der gewünschte Marketingeffekt nicht durch die noch tiefe Maturität reduziert wird.

Der Eraneos Use Case Identifikation Workshop
Eraneos Use Case Identifikation Workshop

Wie soll ich Daten nutzen?


Um die Frage «Wie soll ich Daten nutzen?» zu klären, hilft es systematisch vorzugehen. Bei der Einführung von Datenanalyse in Unternehmen beginnen wir gerne mit einem Potential-Workshop, wo wir alle möglichen Use Cases identifizieren und bewerten.


In diesem Workshop gibt es keine falschen Ideen. Wir nehmen alle Themen auf und bewerten Sie nach Potential bzw. Aufwand. Der Workshop sollte auch möglichst interdisziplinär besetzt sein, um die ganze Vielfalt des Instituts abzudecken. In Use Case Workshops orientieren wir uns bewusst an allen Prozessen einer Bank. Oftmals finden wir weit weg von der Front (z.B. bei den Betriebs- oder Supportprozessen) Quick-Wins, die mit geringem Aufwand bereits spürbar gute Ergebnisse realisieren.


Ein idealer erster Use Case zeigt rasch messbare Ergebnisse und entspricht einem konkreten Bedarf der jeweiligen Fachabteilungen. Erst nach der Identifikation des Use Cases soll mit der Datenaufbereitung und -auswertung begonnen werden.


Das Beispiel hier zeigt, wie im Use Case Workshop der Bereich «Compliance Analytics» identifiziert wurde. Daraus wurden drei Handlungsfelder abgeleitet.

6 Schritte zum wirksamen Anwendungsfall
Der Eraneos Use Case Identifikation Workshop

Die Roadmap zum Use Case


Für die Ausarbeitung eines zuvor identifizierten Use Cases empfehle ich ein iteratives Verfahren mit folgenden sechs Schritten:


  1. Story Scope festlegen
    Ein effektiver Anwendungsfall benötigt eine Story. Abgrenzung ist zentral! Im Planning Meeting sollte rasch der Scope der Story festgelegt werden. Hier gilt gerade in der Anfangsphase: weniger ist mehr. Starten Sie mit überschaubarem Umfang, der sich später immer noch erweitern lässt.

  2. Fragen stellen
    Im Question Breakdown Meeting wird die Story vertieft. Welche Fragen sollen die Analysen beantworten? Rasch gerät man hier in den Sog bestehender KPIs. Versuchen Sie, diese auszublenden und noch andere Dimensionen zu betrachten. Wird zum Beispiel die Stabilität eines Prozesses im Operations analysiert, fokussiert man sich oft auf die end-to-end  Automatisierungsquote, die «Straight Through Processing» STP Rate. Die Analysen könnte aber auch weitere Aspekte vertiefen, beispielsweise bei welchen Schritten die durchgehende Verarbeitung fehlschlägt, um beispielsweise Prozessabläufe zu identifizieren, für die eine grundlegend andere Verarbeitungsweise geprüft werden müsste.  

  3. Daten analysieren
    Die Fragen sind klar. Nun geht es darum, Antworten in den Daten zu finden. Rasch kommt man an den Punkt, wo eine Datenquelle für die automatische Auswertung fehlt. In der ersten Iteration «minimal viable product» reicht es auch aus, eine neue Datenquelle beispielsweise als statische Datenquelle einzubinden und sich erst in einem späteren Schritt um die Echtzeit-Anbindung zu kümmern.
    Spätestens hier wird klar, dass der Umgang mit persönlichen Daten um ein Vielfaches komplexer ist als Use Cases ohne schützenswerte Daten. Sind beispielsweise Kundendaten betroffen, müssen diese auch in einem Prototyp nach «need-to-know» geschützt werden, inkl. umfangreicher Berechtigungsmechanismen.  

  4. Ergebnisse dokumentieren
    Nachdem wir die Daten gefunden und verknüpft haben, visualisieren wir sie. Wichtig ist hier, stets die Ursprungsfragestellungen im Hinterkopf zu behalten, denn diese sollen beantwortet werden. Im Visualization Design Meeting vereinen wir die unterschiedlichen Sichten: technische und fachliche Experten besprechen die Ergebnisse mit den Benutzern.  

  5. Mehrwert darstellen
    Um den Mehrwert im Unternehmen zu verankern ist es zentral, auch die Anwendung der Datenauswertung zu beleuchten. In welchen Prozessen nutze ich Auswertungen? Welchen Nutzen erschliesst sich daraus? Nur so finden die Analysen auch den Weg in die Organisation.  

  6. Storytelling
    Auf der Reise zur «Data-driven Company» müssen Firmen auch das Change-Management beachten. Ein neues Dashboard wird nicht verwendet, falls die Benutzer*innen dem Inhalt nicht vertrauen. In entsprechenden Storytelling Sessions gilt es, Skepsis vor den Daten und Auswertungen abzubauen und den Mehrwert aufzuzeigen.  

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Take-Away

Anwendungsfälle für den Einsatz von Data Analytics sind rasch gefunden. Für eine Verankerung in der Organisation ist es empfehlenswert, einem Priorisierungsprozess zu folgen. Identifizieren Sie die Use Cases, die das ansprechenste Aufwand/Ertrag-Verhältnis versprechen. Empfehlenswert ist, hier das ganze Unternehmen zu betrachten, eine Prozesslandkarte hilft zur Orientierung.


Der ausgewählte Use Case kann im Anschluss über die gezeigten 6 Schritte detailliert und implementiert werden. Über einen solchen mehrstufen Ansatz können Sie sicherstellen, dass Sie Daten effizient nutzen und für Ihr Unternehmen nachhaltig einen Mehrwert schaffen. Gerade für die ersten Schritte im Umgang mit Daten empfiehlt es sich, mit einfachen Anwendungen zu starten – wenn möglich ohne Personendaten.  

Während erste Prototypen mit Basismitteln wie Excel und Pivot auskommen, sind für umfangreichere Auswertungen auch technische Infrastrukturen nötig.


Gerne beleuchten wir in einem späteren Artikel, wie Daten genutzt werden können.  

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